Der Schlossherr

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Egal, ob man die Gabelbrücke einfach nur leerfegen oder auf einen anderes, etwa elektronisches Zündschloss umrüsten will: Ist das Krad serienmäßig mit einem kombinierten Lenk-/Zündschloss ausgestattet, fällt mit der Maßnahme automatisch die Möglichkeit der Arretierung der Lenkung weg. Das gleiche passiert auch in 99 Prozent aller Fälle eines Forken-Upgrades. Blöderweise handelt es sich bei der zwar völlig uneffektiven und eher symbolischen Absperrmöglichkeit um eine vom Gesetzgeber explizit vorgeschrieben Einrichtung, auf die genauso wenig verzichtet werden kann und darf, wie auf Rücklicht oder Bremse. Durch die Wegrationalisierung der Funktion wird also schnell mal die Eintragung des Umbaus gefährdet und auch die regelmäßige HU gegebenenfalls zum Glücksspiel.

Leck-Türe

Bevor wir uns in der sich anschließenden Toolbox mit alternativen Gegenmaßnahmen beschäftigen, werfen wir erst einmal einen Blick auf die dazu gehörigen Vorschriften, denn nur wer diese kennt kann konstruktive Lösungen herbei führen. Grundstein der Forderung nach der Diebstahlsperre ist wie so oft die gute alte Tante StVZO. In §38a, Absatz 2 schreibt sie vor, dass alle Mopeten jenseits des Kalibers von zweitaktenden Roll-Klos mit einer entsprechenden Sicherungseinrichtung versehen sein müssen.

Dieb-Stall

Das rührt allerdings weniger daher, dass sich Papa Staat Sorgen um euer Eigentum machen würde, als vielmehr aus einer ganz anderen Ecke. Es soll nämlich verhindert werden, dass jemand ungehinderten Zugriff auf eure Mühle hat und dann damit Mumpitz anstellt, also zum Beispiel den nächsten Kiosk überfällt, Omas in der FuZo platt möllert oder Kamikaze-Einsätze gegen Politessen fährt.

Lese-Schwäche

Nun mag sich geneigte Leser denken, dass sich eine solche Sicherung gegen Fremdbenutzung auch auf anderem Wege erzielen lässt. So gibt es inzwischen ausgezeichnete Kettenschlösser oder auch elektronische Vorrichtungen, die den Zweck um ein vielfaches effektiver erfüllen. Da hat der Lektor zwar Recht, aber leider auch die Rechnung ohne die EG gemacht. Die hat nämlich ziemlich präzise Vorstellungen davon, wie die Diebstahlsicherung auszusehen hat. Und bei genau diesen Vorgaben landet man, wenn man nach dem in §38a erwähnten "Anhang" fahndet. Der versteckt sich schlechterdings in der Richtlinie 93/33/EWG und sagt was Sache ist.

Vier Froinde

Akzeptiert werden insgesamt vier verschiedene Methoden, von denen drei nichts anderes als Varianten der bekannten Lenksperre sind. Interessant wird's dann aber bei Version 4, die alternativ auch eine Sperrung des Antriebs, statt der Lenkung erlaubt. Da schau mal einer guck! Im Folgetext der RiLi wird dies dann ergänzend aufgebröselt. Zu verhindern ist demzufolge per Mechanik, dass die Kiste entweder gelenkt oder bewegt werden kann.

Noie Wege

Das erschließt völlig neue Wege und lässt auch Installationen abseits des Lenkkopfs zu. Allerdings muss die Vorrichtung in jedem Fall fest am Krad angebracht sein. Der Weg über die "loses Zubehör" Eintragung ist seit geraumer Zeit nicht mehr realistisch umsetzbar, deshalb vernachlässigen wir diese theoretische Angelegenheit auch ganz bewusst. Schuld daran ist ebenfalls die EG-RiLi, die ausdrücklich fordert: "Die Sicherungseinrichtung muss Teil der Grundausstattung des Fahrzeugs sein." Grundausstattung heißt in diesem Fall nicht etwa "aufpreisfrei", sondern fester Bestandteil der Kiste. Lose mitgeführt fällt damit aus.

Kauf mir

Dennoch sind die aus diesem Sachverhalt resultierenden Möglichkeiten umfassend genug. Den Hebel ansetzen kann man z.B. an den Bremsscheiben, am Kettenrad oder sogar dem Ritzel. Erzeugt man hier eine arretierbare Sperrung, ist den Anforderungen der RiLi genüge getan. Es gibt sogar Fertiglösungen auf dem Markt, die sich für die Nummer eignen – oder man legt selber Hand an und baut sich für ein paar Euronen selber eine solche Unit – genau damit beschäftigen wir uns im passenden Workshop.

Stell her

Eins muss dennoch erwähnt werden: Die EWG-Vorschrift ist eigentlich nur für Fahrzeughersteller da und nicht für nachträgliche Umbauten gedacht. Denn nach wie vor sind technische Veränderungen Ländersache und nicht EG-weit einheitlich geregelt. In der Praxis zieht man inzwischen aber auch bei technischen Änderungen gerne die EG-RiLis heran, was zum Teil einfach daran liegt, dass seit deren Inkrafttreten kaum noch an länderspezifischen Varianten gewerkelt wird.

Schlosshund

Wenn ihr also euer originales Lenkschloss wegrationalisiert, eine den Vorgaben entsprechende Alternative verbaut und dem Prüfer eine Kopie der Richtlinie von dieser Seite vorlegt, hat er eine gute Basis, euch die Sache anzunehmen, was wiederum eure Aussichten dramatisch steigert. Das Schloss muss übrigens weder eine Bauartgenehmigung aufweisen, noch über Gutachten oder BE verfügen, das wird nirgends gefordert. Wie immer gilt natürlich auch hier: Vorher mit dem Kittel-Tier sprechen erspart hinterher tierisches Abkotzen.


StVZO §38a: Sicherungseinrichtungen gegen unbefugte Benutzung von Kraftfahrzeugen

(2) Krafträder und Dreirad-Kraftfahrzeuge mit einem Hubraum von mehr als 50 ccm oder einer durch die Bauart bestimmten Höchstgeschwindigkeit von mehr als 45 km/h, ausgenommen Kleinkrafträder und Fahrräder mit Hilfsmotor (§ 3 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe d der Fahrzeug-Zulassungsverordnung), müssen mit einer Sicherungseinrichtung gegen unbefugte Benutzung ausgerüstet sein, die den im Anhang zu dieser Vorschrift genannten Bestimmungen entspricht.



Richtlinie 93/33/EWG

Die Sicherungseinrichtung kann
Typ 1 allein und zwangsläufig nur auf die Lenkanlagen wirken;
Typ 2 zwangsläufig in Verbindung mit der Einrichtung zum Abschalten des Fahrzeugmotors auf die Lenkanlage wirken;
Typ 3 vorgespannt sein und in Verbindung mit der Einrichtung zum Abschalten des Fahrzeugmotors auf die Lenkanlage wirken;
Typ 4 zwangsläufig auf die Kraftübertragung wirken.



Allgemeine Vorschriften über den Bau und die Funktionsweise von Sicherungseinrichtungen:

zweirädrige und dreirädrige Kraftfahrzeuge mit Ausnahme von Kleinkrafträdern sind entsprechend den Bestimmungen dieses Richtlinienvorschlags mit einer Sicherungseinrichtung gegen unbefugte Benutzung auszurüsten; ist eine solche Sicherungseinrichtung an einem Kleinkraftrad angebracht, muss sie den Bestimmungen dieses Richtlinienvorschlags entsprechen; die Sicherungseinrichtung muss zum Lenken, Führen oder Vorwärtsfahren des Fahrzeugs außer Betrieb gesetzt werden; der Schlüssel kann nur dann abgezogen werden, wenn sich der Bolzen in der Verriegelungsstellung oder der Entriegelungsstellung befindet; die Sicherungseinrichtung muss Teil der Grundausstattung des Fahrzeugs sein; der Verriegelungsmechanismus muss mindestens 1.000 verschiedene Schließmöglichkeiten oder eine Anzahl umfassen, die der Gesamtzahl der pro Jahr hergestellten Fahrzeuge entspricht; der Kode von Schlüssel und Schloss darf nicht sichtbar sein; die Sicherungseinrichtung muss so beschaffen sein, dass während der Fahrt mit laufendem Motor ein unbeabsichtigtes Blockieren nicht möglich ist und die Lenk- oder Kraftübertragungsanlage nicht beschädigt werden kann.


Quellen: StVZO, www.europa.eu




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